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Der Norden.

03. Juli 2023

Kein Strom, kein fließend Wasser, keine Toilette, Hitze. Nach 12 Stunden Fahrt kommen wir morgens in Garu an. Wir mussten einen Umweg fahren, weil der eigentliche Weg durch ein Kriegsgebiet führt, sagt uns unser Gastvater. Die letzten 30 Minuten geht es im Tuctuc über Sandstraße und kleine Dünenwege. Eine endlose Weite erstreckt sich vor uns. In der Ferne sieht man die Berge Togos. Alle fünfzig Meter steht ein Baum. Alle hundert Meter ein Haus. Vielleicht sind es auch eher Höfe.

5 bis 10 kleine Lehm- und Betonhütten, verbunden durch eine Mauer schließen sich zu einem „Compound“ zusammen. Bis zu 4 Generationen leben hier miteinander. In der Mitte ergibt sich ein Hof. Vom Wind geschützt, perfekt zum Kochen und Erschwitzen. Durch den Hühnerstall geht es vor die „Tür“. Unter dem Baum suchen die Männer nach Schatten. Sie wandern mit der Sonne mit. Morgens auf der einen Seite, abends auf der anderen. Hier macht der Wind die Hitze erträglich. Die Ziegen, Hühner und Kühe schwirren um uns herum. Wem sie gehören, ist unklar und doch wissen sie, wenn eine fehlt.

Wasser wird mit dem Fahrrad geholt. Mit zwei dicken Kanistern auf dem Gepäckträger, machen sich die Mädels schon früh morgens auf den Weg zur Pumpe. Sobald die Sonne rauskommt, wird es zu heiß. Läden gibt es hier nicht. 20 Minuten gehen wir zum kleinen Dorf. Hier gibt es eine Ladestation für Handys, eine Maschine, die den Mais zu Maismehl mahlt und einen kleinen Shop mit dem Minimum: Getränke und ein paar Tomatendosen. Alle drei Tage ist Markt in Garu. Meistens radeln sie die 10 km oder die kleinen Wege werden mit dem Motorrad entlanggedüst. Viel Frisches wird nicht gekauft. Ein wenig Okra, Zwiebeln und Chilli reichen. T.Z. (Tuo Zaafi) und Banku werden aus dem eigenen Maisanbau gekocht. Abwechslung gibt es selten, die Menschen stört das nicht. Mit dem Sonnenuntergang neigt sich hier auch der Tag ziemlich schnell dem Ende zu. Wir schlafen unterm Sternenhimmel. In den Hütten ist es zu heiß. Manchmal hüpft eine Ziege über einen.

Es stand die Beerdigung von einem ehemaligen Chief an, einem der vielen Brüder von Mahama. Alle wussten Bescheid. Alle waren eingeladen. Alle sind gekommen. Nach drei Tagen purer Ruhe hat sich die endlose Weite mit Leben gefüllt. Verwandte aus ganz Ghana kamen angereist. Nach und nach hat sich unser Compound mit Frauen gefüllt und gegen Abend wurden riesige Töpfe überm Feuer aufgebaut, während die Männer draußen die Tiere geschlachtet haben. Über Nacht wurde im Regen das Fleisch gegart, Jollof gekocht und Suppen gemixt. Als ich am nächsten Tag nach einer unruhigen Nacht aufwache, wird gerade ein Hexenkessel voller T.Z. angerührt. Alle 5 Minuten kommt ein Schwall an Menschen, der uns guten Morgen wünscht. Für die Beerdigung wurde Strom bis zum Haus des Chiefs gelegt. Die Boxen, Zelte und endlos viele Stühle werden aufgebaut. Wir versuchen noch ein wenig die Augen zuzumachen im Schatten, bevor es am Nachmittag richtig losgeht.

Die Feier ist groß und lang. Die regionale Regierung ist angereist und wird mit großem Respekt empfangen. Eine Blaskapelle macht ihre Runden. Traditionelle Tänzer mit ihren Trommlern ziehen die Menschen an. Alle sind aufgetakelt in ihren schönsten Kleidern. Überall spielen Kinder. Jung und Alt treffen sich auf der Tanzfläche. Bis zum nächsten Morgen dröhnen die Boxen Kilometer weit. Eine ganz besondere Erfahrung. Niemals werde ich diesen Ort und die wunderbaren Menschen hier im Norden vergessen.